Operation Ganymed (1977)

VHS PAL
approx. 118 mins, German
EuroVideo, order no. 145100
released 13 Mar 2003

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    Operation Ganymed VHS (Cover)

Abstract in English: Rainer Erler, recently 70, made this science fiction film for German tv in 1977. In the tradition of genre classics such as 2001: A Space Odyssey and Solaris, as well as pessimistic visions of the future such as Planet of the Apes, The Omega Man, and Soylent Green, Operation Ganymed depicts the journey of a crew in a near-future expedition to Jupiter moon Ganymede. On the way back to earth, the astronauts crash-land on the Mexican West Coast and have to fight their way through the desert to return to civilization. But does civilization still exist?

Im Jahr 1977, als Rainer Erler Operation Ganymed drehte, hatte gerade mal acht Jahre zuvor der erste Mensch den Mond betreten, und fünf Jahre zuvor der bis dahin (und bis heute) letzte. Kein Wahrsager sah voraus, dass die Epoche der bemannten Mondlandungen nur dreieinhalb Jahre währen und mehr als dreißig Jahre lang kein Mensch mehr einen anderen Himmelskörper betreten würde. Im Gegenteil: Der Mars, legendärer vierter Planet unseres Sonnensystems, erschien als das natürliche nächste Ziel. Erler schickte seine Astronauten sogar noch eine Station weiter zum Jupiter, dem fünften und größten Planeten, dessen Mond Ganymed sogar größer als der Planet Merkur ist. Die Expedition, die auf Ganymed landet, ist einerseits eine Friedensmission, da sie amerikanische, russische und europäische Teilnehmer vereint, andererseits eine Forschungsmission, die die Frage klären soll: ob es auf Ganymed Spuren primitiven Lebens gibt? Aber der Kontakt zu den Astronauten reißt ab, auf der Erde wird das Projekt für gescheitert erklärt, und niemand rechnet mehr mit der Rückkehr der Astronauten. Tatsächlich befinden sich fünf Überlebende auf dem Rückflug und kehren nach anderthalb Milliarden Kilometern Reise und viereinhalb Jahren Flugzeit zur Erde zurück. Sie erwartet jedoch keine Siegesparade: Die Raumkapsel macht eine Notlandung an der Westküste Mexikos, und die fünf Männer (vier Amerikaner und ein Russe) müssen sich durch die Wüste schlagen und um ihr Überleben kämpfen. Zurück auf der Erde, nur wenige hundert Kilometer vor den Vereinigten Staaten von Amerika, sind sie weiter von Rettung entfernt als auf dem ödesten fremden Planeten. Auf der Suche nach der Zivilisation finden sie nur Wüste, Skelette, Ruinen und Wracks, da zerbricht auch der letzte zivilisatorische Zusammenhalt. Sieht es etwa überall auf der Erde so aus? Haben sich Amerikaner und Russen in einem Atomkrieg gegenseitig zerstört? Am Ende findet nur einer den Weg zurück nach Hause.

Operation Ganymed folgt zum einen der Linie solcher Genre-Klassiker wie 2001: Odyssee im Weltraum (USA 1968) und Solaris (UdSSR 1972), deren Reisen in die Tiefen des Weltraums in Wirklichkeit Reisen ins Innere der Seele waren: Die Männer in Ganymed, die die längste Reise gemacht haben, die Menschen jemals unternommen haben, sehnen sich nur danach, zurück auf die Erde zu kommen. Dort finden sie aber nur die Ruinen der menschlichen Kultur. Zum anderen bewegt sich Ganymed in der Tradition pessimistischer Zukunfts-Thriller Anfang der 1970er Jahre, z.B. der drei amerikanischen Filme mit Charlton Heston, in denen die Menschheit sich letztlich selbst auslöscht: Planet der Affen (1968) -- hier spielt Heston ähnlich wie Horst Frank in Ganymed einen zynischen Raumschiffkommandanten, der die Menschheit hasst und konsequenterweise auf die Erde zurückkehrend nur öde Wüste ohne Zivilisation findet; und mit ähnlicher Thematik Der Omega-Mann (1971) und Soylent Green (1973) (beide diesen Monat auf DVD!). 1977 war aber natürlich auch das Jahr, in dem in Amerika ein ganz anderer Genre-Klassiker entstand, der für einen noch heute anhaltenden Science-Fiction-Boom sorgen, das Genre aber auch für immer verändern sollte: Krieg der Sterne, der anstelle von philosophischen Gedankenspielen technische Tricks und märchenhafte Handlungsmuster setzte. Rainer Erler hat das nie interessiert: "Mich interessiert nicht, was im Jahre 2300 passieren wird, sondern mich interessiert, was morgen passiert." So ist ihm im Krieg-der-Sterne-Jahr ein beachtenswerter deutscher Science-Fiction-Film gelungen, mit einem Budget so low, dass man dafür heute wahrscheinlich nicht mal ein Daniel-Küblböck-Video kriegen würde. Erler: "Operation Ganymed hat weniger gekostet als ein Tatort."

Am 26.08.2003 ist Rainer Erler 70 Jahre alt geworden. Er hat mit seinen vielen Fernsehfilmen vor allem in den 1970er und 1980er Jahren den deutschen "Science Thriller" kreiert und damit das deutsche Fernsehpublikum gefesselt: Fleisch hatte bei seiner Erstausstrahlung 1979 eine Einschaltquote von 20 Millionen, ein Drittel der damaligen Bevölkerung der Bundesrepublik! Inzwischen lebt Erler in Australien. Zum runden Geburtstag erschien im deutschen Feuilleton, soviel ich gesehen habe, nur eine Würdigung von Hanns-Georg Rodek: Er wies darauf hin, dass in den 1970ern zwei Autoren sich einen Namen mit Zukunfts-Thrillern gemacht haben: Michael Crichton und Rainer Erler, und wie seltsam es ist, dass man inzwischen erklären müsse, wer Rainer Erler sei (Die Welt, 26.08.2003). Die deutschen Fernsehsender strahlten an zwei Tagen vier Erler-Filme aus (jeweils parallel zueinander): Seelenwanderung (1962), Orden für die Wunderkinder (1963), Das schöne Ende dieser Welt (1983) und News -- Bericht über eine Reise in eine strahlende Zukunft (1985). Und EuroVideo hat sich darum verdient gemacht, wichtige Teile von Erlers Werk auf Video vorzulegen: Erschienen sind neben Operation Ganymed die Filme Die letzten Ferien (1975) und Plutonium (1979), sowie alle fünf Folgen der Serie Das Blaue Palais (1974, 1976). Fleisch (1979) liegt sowohl auf VHS als auch auf DVD vor. Eine DVD-Veröffentlichung von Operation Ganymed ist aufgrund des schlechten Ausgangsmaterials nicht geplant. Das Wiedersehen auf Video lohnt sich aber, denn der Film benötigt nicht wie Krieg der Sterne eine Special Edition, die den alten Film den neuesten technischen Tricks anpasst: Operation Ganymed ist in gewisser Weise nicht gealtert und noch immer einer der besten deutschen Science-Fiction-Filme.

reviewed 15 Sep 2003 by Olaf Brill

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Last update (this page): 15 Sep 2003.

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