Du mußt Caligari werden

The Internet Source Book for Early German Film

Final update: 11.11.1999 — Editors: Olaf Brill & Thomas Schultke
We shut down. All good things must have an end. - But we'll be back. January 1, 2000. www.filmgeschichte.de


Mia May, Mistress of the World

 Die Herrin der Welt

Series 1919/20, Joe May, Uwe Jens Krafft, Karl Gerhardt









 D A T A   S H E E T


Mia May, promoting Die Herrin der Welt Die Herrin der Welt
1.: Die Freundin des gelben Mannes (1919)
2.: Die Geschichte der Maud Gregaards (1919)
3.: Der Rabbi von Kuan-Fu (1919)
4.: König Makombe (1919)
5.: Ophir, die Stadt der Vergangenheit (1920)
6.: Die Frau mit den Milliarden (1920)
7.: Die Wohltäterin der Menschheit (1920)
8.: Die Rache der Maud Fergusson (1920)


Directed by: Joe May (parts 1 - 4 & 8);
Uwe Jens Krafft (parts 5 & 6);
Karl Gerhardt (part 7).*
Written by: Joe May,
Richard Hutter (parts 1 - 6),
Ruth Goetz (parts 1, 5, 7),
Wilhelm Roellinghoff (parts 1, 2, 3, 5, 7, 8),
Fritz Lang (part 8)
(from the novel by Karl Figdor).
Production company: May Film GmbH, Berlin.
Executive Producer: Joe May.
Photography: Werner Brandes**.
Set design: Martin Jacoby-Boy,
Otto Hunte,
Erich Kettelhut,
Karl Vollbrecht.
Cast: Mia May (Maud Gregaards***),
Michael Bohnen (consul Madsen) (parts 1 - 5),
Henry Sze (Dr. Kien-Lung) (parts 1 - 4),
Hans Mierendorff (Baron Murphy) (parts 2, 7, 8),
Paul Hansen (engineer Allen Stanley****) (parts 5 - 7);

Only 1st part:
Lewis Brody (Chinese servant),
Nien Söng Ling;

Only 4th part:
Bamboula (King Makombe);

Only 6th part:
Paul Morgan (Pius Gotthelf Karpeles),
Wilhelm Diegelmann (Harrison),
Hermann Picha (Fletcher),
Victor Janson (newspaper reporter Bullbox) Lewis Brody (Simba) (also in part 5);

Only 7th & 8th part:
Ernst Hofmann (Credo Merville);

Only 8th part:
Rudolph Lettinger (detective Hunt), Henry Bender (stock-broker).
Filmed at: Greenbaum-Atelier Berlin-Weißensee,
May Film lot Woltersdorf.
Released: 1st part: 1919, December 05, Tauentzien-Palast, Berlin;
2nd part: 1919, December 12, Tauentzien-Palast, Berlin;
3rd part: 1919, December 19, Tauentzien-Palast, Berlin;
4th part: 1919, December 26, Tauentzien-Palast, Berlin;
5th part: 1920, January 09, Tauentzien-Palast, Berlin;
6th part: 1920, January 16, Tauentzien-Palast, Berlin;
7th part: 1920, January 23, Tauentzien-Palast, Berlin;
8th part: 1920, January 30, Tauentzien-Palast, Berlin.
Remakes: 1960: Herrin der Welt (Germany, William Dieterle).



* Uwe Jens Krafft is listed as assistant director for parts 1 - 3, Joe May as art director for parts 4 - 7. The pretitle of the surviving copy lists Joseph Klein as director and Joe May as art director for part 1.
** Some scenes of part 8 were shot by Friedrich Weinmann.
*** From part 6: Maud Gregaards-Fergusson; in part 6 also as Pippi Hühnchen.
**** In part 6 also as Wenzel Brzezina.



 A N N O U N C E M E N T S   I N   C O N T E M P O R A R Y   P R E S S


Der Tauentzien-Palast der Ufa, die früheren Tauentzienpalastlichtspiele, eröffnet am 5. Dezember mit dem May-Film-Zyklus "Die Herrin der Welt".

Meldung im Berliner Börsen-Courier No. 549, 25.11.1919 (Morgen-Ausgabe) S. 4.





Vom 6. Februar an läuft in den Kammerlichtspielen der Zyklus "Die Herrin der Welt" noch einmal von Anfang an, so daß alle 8 Teile hintereinander erscheinen.

Meldung im Berliner Börsen-Courier No. 41, 25.01.1920 (Morgen-Ausgabe) S. 8.





Nun ist man im Tauentzien-Palast beim achten und letzten Teil des Riesenfilms "Die Herrin der Welt" angelangt: der schönen Maud Rache! Keine überwältigenden Eindrücke. Es war, nehmt alle Teile in allem, ein etwas großer und sehr langer Film. Mia May kann mit dem Erfolg zufrieden sein.

"Die Films der Woche". Meldung im Berliner Tageblatt 01.02.1920 (Morgen-Ausgabe).





Richard Hutter teilt uns mit, daß er am Manuskript des 7. und 8. Teiles der "Herrin der Welt" nicht mitgearbeitet habe.

Meldung in Lichtbild-Bühne No. 6, 07.02.1920, S. 22.





Admiralspalasttheater. Den neuen Spielplan beherrscht der erste Teil des großen Films: Die Herrin der Welt, betitelt "Die Freundin des gelben Mannes" mit Mia May in der Hauptrolle, der an dieser Stelle bereits eingehend gewürdigt wurde. Dazu wird noch die Posse "Krümelchen lernt boxen" gegeben, ein etwas kitschiger Film, in dem ein Verliebter, um die Einwilligung zur Heirat von dem Vater seiner Angebeteten zu erhalten, das Boxen erlernt. b.

Meldung im Berliner Börsen-Courier No. 65, 08.02.1920 (Morgen-Ausgabe) S. 7.




 C O N T E M P O R A R Y   R E V I E W S


Mia May posing, grrrrr rd: Aus den Lichtspieltheatern

In den Ufa-Lichtspielen Tauentzienpalast wird jetzt der zweite Teil des May-Filmzyklus "Die Herrin der Welt" gedreht. Er steht zeitlich vor dem ersten Teil - er steht an Wirkung weit hinter ihm zurück. Diese "Geschichte der Maud Gregaards" ist der normale Feld-, Wald- und Wiesenfilm, dem keine Phantasie Schwung gab, und der nicht von Ueberraschungen zu Steigerungen führt, wohl aber das psychologische Moment zu kurz kommen läßt.

Im ersten Teil war die schöne Maud, die auf ein Inserat hin nach Kanton gegangen war, dort in ein Freudenhaus geraten, aus dem ein Reisegefährte, ein Chinese mit dem Doktortitel einer europäischen Universität, sie befreit hatte. Dieses Filmwerk hatte den Vorzug, daß es ein täuschend nachgeahmtes, mit echten Chinesen bevölkertes Kanton aus der Umgegend Potsdams zeigte, und daß es wenigstens gegen den Schluß hin die Handlung zur Spannung starken äußeren Geschehens aufpeitschte. Der chinesische Doktor hat Maud gerettet - das warme Interesse, das er ihr zeigt, nötigt sie, ihm (im zweiten Teil) die Geschichte ihres "der Rache geweihten" Lebens zu erzählen.

Eine Geschichte, wie man sie schon soundsooft auf der Leinwand gesehen hat. Der Spion einer fremden Macht wird zum Verhängnis für Mauds Vater, der sich um seinetwillen erschießt, und für Maud selbst, die durch ihn in den Verdacht des Landesverrats gerät und eine Zuchthausstrafe verbüßen muß. Dokumentenraub - Verführung - Entehrung - ein Kind, das stirbt - die Heirat des Spions mit der Tochter des Außenministers - Verleugnung der einstigen Geliebten: das sind die Stationen auf dem Weg des Films, der breit durch sechs Akte gesponnen ist. Ganz am Ende ein Ausblick, der Licht auf den Titel wirft: Rabbi Kuan-Fu in China weiß, wo die Schätze der biblischen Königin von Saba verborgen liegen - Maud ist entschlossen, den Rabbi aufzusuchen, ihr Doktor wird sie begleiten. Und gewiß, daß man sie im Besitz unermeßlichen Reichtums, die Herrin der Welt, sehen wird . . .

Erfreulich an dem Werk ist Joe Mays von künstlerischem Gefühl getragene, Wirkungen des Bildes sicher einschätzende Regie. Erfreulich ist die ganz ausgezeichnete Fotografie, und von starkem Eindruck Mia Mays Spiel. Mia May hat sich in den letzten Jahren erstaunlich entwickelt, ihre Darstellung hat einen hohen Grad von Plastik und Ausdrucksfähigkeit erreicht, und sie steht heute in der vordersten Reihe und scheint mit jeder Aufgabe zu wachsen. Ein guter und seiner Mittel bewußter, wenn auch an Jahren etwas reifer Partner ist ihr Mierendorff. Frau May wohnte der Uraufführung bei und wurde von den Zuschauern mit herzlichem und verdientem Beifall begrüßt.

rd: Aus den Lichtspieltheatern. Berliner Börsen-Courier No. 583, 14.12.1919 (Morgen-Ausgabe) S. 13.





rd: Aus den Lichtspieltheatern

In den Ufa-Lichtspielen Tauentzienpalast sieht man das dritte Kapitel des Romans "Die Herrin der Welt" (nach Karl Figdors Buch). Maud Gregaards schreitet weiter auf dem an Abenteuern und Gefahren reichen Weg, auf dem sie (im fünften Teil) "Die Frau mit den Milliarden" werden soll. Es gilt, die sagenhaften Schätze aus dem biblischen Land Ophir zu erringen - der greise Rabbi von Kunan-Fu in China soll im Besitz des Geheimnisses dieser Schatzkammer sein. Unterstützt von dem bärenstarken dänischen Konsul Madsen, der mit den Schultern Felswände rückt, und von dem Chinesen Dr. Kien-Lung, dringt sie bis in die Nähe der Ruinen vor, in denen der greise Rabbi haust, abergläubisch gefürchtet von der eingeborenen Bevölkerung. Madsen erhält - in einem uralten Schmuckstück, das einst die Königin von Saba König Salomo zum Geschenk machte - den Lageplan. Aber der Tod ereilt den Rabbi, bevor er Madsen nähere Weisungen über die Anwendung geben kann: nun heißt es, selbst den Spürsinn regen.

Dies ist "Der Rabbi von Kuan-Fu", ein Filmwerk von mancherlei künstlerischem Interesse und mancherlei Spannung. Spannend, wie eine verstaubte Weissagung sich an dem Rabbi erfüllt, spannend, wie Maud von den aufgehetzten Chinesen in dem Missionskirchlein belagert wird. Und künstlerisch reizvoll die durchaus urgewachsen anmutenden Szenerien des Chinesendorfs, der Berge und Ruinen, die auf märkischem Boden, in der Umgebung von Woltersdorf, entstanden sind. Besonders anziehend aber ist ein retrospektives Bild, das mit großer Prunk- und Massenentfaltung den Einzug der Königin von Saba in Jerusalem und die Begrüßung durch König Salomo zeigt.

Auch hier ist wieder eine Regietat Joe Mays zu buchen, der mit erstaunlichem Geschick die Massen bewegte und die mitwirkenden Chinesen zu individuellen schauspielerischen Leistungen zu drillen wußte. Mia May steht weiter auf der Höhe ihres Könnens. Michael Bohnen (als Konsul) scheut keine halsbrecherische Schwierigkeit und wirkt auch tonlos, und Henry Sze gibt den Dr. Kien-Lung mit wünschenswerter Plastik und angeborener Echtheit. Die Photografie des Herrn Werner Brandes verdient höchstes Lob.

rd: Aus den Lichtspieltheatern. Berliner Börsen-Courier No. 595, 21.12.1919 (Morgen-Ausgabe) S. 9.





rd: Aus den Lichtspieltheatern

In den Ufa-Lichtspielen Tauentzienpalast geht jetzt der vierte Teil des Filmwerks: "Die Herrin der Welt" über die Leinwand: "König Makombe". Er bedeutet einen starken Aufschwung der Teilnahme, hebt sich weit über die bisher gezeigten hinaus und erzeugt andauernd Spannung. Maud Bregaards dringt, von ihren Getreuen: Konsul Madsen und Dr. Kien-Lung begleitet, auf der Expedition nach dem biblischen Ophir in das Reich des Negerkönigs Makombe in Zentralafrika vor. Hier reiht sich Abenteuer an Abenteuer, hier gibt es Gefahren über Gefahren. Flucht und Verfolgung, Kämpfe voll wilder Leidenschaft, bei deren einem Dr. Kien-Lung den Tod findet, und die alle von atemversetzender Gegenständlichkeit sind. Aber das Ziel wird schließlich erreicht: Maud und Madsen gelangen in die Pforte von Ophir.

Dieser Film ist ein Triumph des Spielleiters Joe May, der das Erdenkliche aufgeboten, mit spürender Fantasie unmöglich Dünkendes möglich und wahrscheinlich gemacht hat. Erstaunlich, wie er mit Hilfe Jacoby-Boys auf Woltersdorfer Gelände Zentralafrika in echtester Echtheit erstehen ließ: erstaunlich, wie er die Neger in vorzügliche Filmdarsteller wandelte. Begrüßenswert, wie er gewachsenem Humor eine Stätte bereitete, und eindrucksvoll, wie er die tausend Fährnisse der Expedition zum Leben und zum Erlebtwerden brachte. Ein Kampf unter Wasser, ein Todessprung mit dem Pferd, eine Fahrt im Einbaum durch Stromschnellen - das sind so einige dieser Regiestückchen, zu denen sich auch die geschickte Verwendung exotischer Tiere gesellt.

Ueber Mia Mays Maus ist Neues nicht zu sagen: die Rolle wird weiter konsequent auf der vorgezeichneten Linie durchgeführt. Bohnen als Konsul bietet die unerhörtesten Proben von Kraft und Kühnheit und bleibt wahr und menschlich, und Henry Sze erweist auch im letzten Teil seiner Aufgabe wirkliche Filmbegabung. Die Uraufführung des Werks, dem wieder die meisterliche Fotografie (Werner Brandes) besonderer Schmuck ist, wurde mit sehr warmem Beifall aufgenommen.

rd: Aus den Lichtspieltheatern. Berliner Börsen-Courier No. 605, 30.12.1919 (Morgen-Ausgabe) S. 6.





rd: Aus den Lichtspieltheatern

In den Ufa-Lichtspielen Tauentzienpalast ist man beim fünften Teil der "Die Herrin der Welt" angelangt: "Ophir, die Stadt der Vergangenheit". Die Abenteuerlichkeit der Handlung ist gesteigert, die Phantasie schwelgt in weiten Bezirken, und die Spannung wird immer neu aufgepeitscht. Dies ist der beste von allen bisher gezeigten Teilen des Filmwerks, den unter der künstlerischen Oberleitung Joe Mays Uwe Jens Krafft verantwortet. Hier ist ein stürmendes, drängendes Tempo der Begebenheiten, hier steht die Tat in Blüte und reißt in ihren Bann. Erstaunliches ist in Massenentfaltung und in Aufbauten geleistet worden, und das alte Ophir, die Schatzkammer der Königin von Saba, ersteht in prunkhaftem Glanz mit seinen Bewohnern, die in weltabgeschiedener Verborgenheit der Väter Sitten bewahrt haben.

Maud Gregaards und Konsul Madsen, ihr treuer Begleiter, werden als Eindringlinge festgenommen: Maud soll den Opfertod sterben, Madsen wird zu den Schwarzen in die Sklavenstadt gesteckt, wo er lebenslänglich harten Frondienst tun soll. Aber als Maud schon auf dem Opferaltar liegt, entdeckt der Oberpriester an ihrem Hals den Schmuck der Astarte, und nun hält man sie selbst für die Göttin, deren Wiederkehr eine alte Verheißung war. Madsen gelingt es, mit Hilfe eines amerikanischen Ingenieurs Stanley, den er in der Sklavenstadt antraf, in den Astartetempel zu Maud zu dringen. Sie finden den Schatz und können auf funkentelegraphischem Weg die Außenwelt benachrichtigen. Ein Riesenflugzeug wird zu ihrer Rettung ausgesandt - Madsen wird auf dem Weg zu ihm getötet, Maud und Stanley, denen sich der Ophirot Simba anschließt, können es aber mit dem Schatz besteigen und, während ein Erdbeben Ophir in Trümmer legt, in die Freiheit hinausfliegen.

In diesem Film steckt unbestreitbar eine gewisse Größe, die einmal in der starken und gut entwickelten Handlung, zum andern (und vor allem) in der hervorragenden Regie und dem Aufgebot umfassender technischer, dekorativer und menschlicher Behelfe begründet liegt. Mia May, Bohnen und Paul Hansen (Stanley) tragen die Handlung zur Höhe.

rd: Aus den Lichtspieltheatern. Berliner Börsen-Courier No. 17, 11.01.1920 (Morgen-Ausgabe) S. 7.





rd: Aus den Lichtspieltheatern

Die Ufa-Lichtspiele Tauentzienpalast sind beim sechsten Teil der "Die Herrin der Welt" angelangt: "Die Frau mit den Milliarden". Der fünfte Teil hatte Spannung gebracht, neue, gesteigerte Spannung verheißen - der sechste blieb sie schuldig, enttäuschte. Auf das Drama folgte die Groteske, und statt daß man sah, wie Maud Gregaards nun beginnt, mit Hilfe des gehobenen Ophir-Schatzes die Welt zu beherrschen, mußte man törichten Wettbewerbseifer zweier amerikanischer Zeitungsunternehmungen um Maud und den Ingenieur Allan Stanley, ihren Begleiter auf der Flucht, genießen. Dies breit durch sechs Akte hingestrichen, in Einzelheiten, wie festgestellt werden muß, oft sehr belustigend, auf die Dauer aber doch ermüdend und im Grunde läppisch. Namentlich gemessen an der schweren Wucht des Titels. Angemerkt sei, daß Maud sich mit Hansen verlobt, daß die Regie Uwe Jens Kraffts einfallreich ist, und daß Mia May, Paul Hansen, Diegelmann und Picha sich bewähren.

rd: Aus den Lichtspieltheatern. Berliner Börsen-Courier No. 29, 18.01.1920 (Morgen-Ausgabe) S. 8.





rd: Ufalichtspiele Tauentzienpalast

Maud Gregaards, die "Herrin der Welt", hat Pech: die Liebhaber sterben ihr wie die Fliegen. Auch jetzt, da sie (im siebenten Teil des Filmwerks) sich als "Die Wohltäterin der Menschheit" mit den Ophirschätzen in ihrer Heimat niedergelassen hat, muß sie den Verlust eines Getreuen beklagen: der brave Ingenieur Allan Stanley geht elend zugrunde. Es ist die Strafe dafür, daß er etwas ganz Fabelhaftes erfunden hat, eine Fernschmelzmaschine, die mit Hilfe elektrischer Wellen alles irgendwo befindliche Metall zum Schmelzen bringen kann. Also natürlich auch Kanonen. Das heißt, es handelt sich hier um einen Apparat, dessen Besitz zum unbedingten und unblutigen Sieger in jedem Krieg machen müßte. Man erinnert sich vielleicht noch aus den ersten Teilen der "Herrin" jenes famosen Diplomaten Baron Murphy, der Geheimverträge stehelen ließ und die Quelle von Mauds Unglück wurde. Baron Murphy taucht wieder auf und will natürlich für seine Regierung die Maschine erwerben. Das geht nicht. Darum will er sie vernichten. Und das geht. Murphy arbeitet mit Bestechung, und mit dem Werk zugleich stirbt dessen Schöpfer. Armer Stanley! Und arme Maud! Sie hatte ihn so geliebt, obwohl sie nicht sein Weib geworben war. Und sie hatte Murphyse Macht auch auf andere Weise spüren müssen: Man hatte sie, die unendlich viel Gutes tut, den Armen hilft und die Wissenschaften fördert, auf Murphyse Betreiben aus ihrer eigenen Heimat (o süßer Blödsinn!) ausgewiesen, weil sie mit Stanley in wilder Ehe lebt. Es wird furchtbar werden, wenn sie sich nun im achten Teil rächt . . .

Man sucht vergeblich Kraft, Wucht und Größe in diesem Film, der sich in nichts von einem höchst mittelmäßigen Spielfilm unterscheidet und nur zum Schluß, als es sich um die Vernichtung der Maschine dreht, sich zur starken Wirkung aufschwingt. Hier spürt man auch wieder Joe Mays Können und sieht die Hand eines Spielleiters von mehr als normalem Format. Schade, daß ihm diesmal keine lohnenderen Aufgaben gestellt waren!

rd: Ufalichtspiele Tauentzienpalast. Berliner Börsen-Courier No. 41, 25.01.1920 (Morgen-Ausgabe) S. 8.





rd: Ufalichtspiele Tauentzienpalast

"Die Herrin der Welt" ist bei der letzten Station angelangt, ihr Leidensweg ist beendet: "Die Tragödin der Rache" hat den gewissenlosen Diplomaten Baron Murphy verdientem Schicksal überliefert. Bereits Geahntes findet hier Bestätigung: der Sohn, den einst Maud Gregaards Murphy dankte, und der bei ihrer Entlassung aus dem Zuchthaus als gestorben bezeichnet worden war, lebt. Er ist - unter dem schönen Namen Credo Merville - einer der hervorragendsten Zöglinge in dem von Maud begründeten "Athenaeum". Und er wird Werkzeug der Rache. Maud läßt dem Mann nachspüren, der die Fernschmelzmaschine und mit ihr den Ingenieur Allan Stanley vernichtete: sie stößt auf Murphy, entdeckt, daß er Credos Vater, sie selbst die dazugehörige Mutter ist, und hat für die Bitten und Beschwörungen Murphys, den sie bereits um sein Vermögen und seinen Gesandtenposten gebracht hat, nur ein starres, unerbittliches "Nein". Da wankt Murphy hinaus und findet im Schneetreiben den Tod . . . Damit wäre also der Schlußpunkt hinter die Abenteuer gesetzt, die den Gesamttitel kaum rechtfertigen, und deren letzter Teil sich nicht über den normalen, mit einer Dosis Sentimentalität getränkten Spielfilm erhebt. Neben Mia May wirken hier Ernst Hoffmann, Mierendorff und Lettinger in tragenden Rollen mit.

rd: Ufalichtspiele Tauentzienpalast. Berliner Börsen-Courier No. 53, 01.02.1920 (Morgen-Ausgabe) S. 8.





My (Dr. Wilhelm Meyer): Filmschau

"Die Herrin der Welt" steht nun in ihrer ganzen Größe vor den Augen der Filmwelt: diese Woche sieht man den achten, den letzten Teil im Tauentzien-Palast. Dies Ende ist gut - aber es macht, entgegen dem Sprichwort, nicht alles gut, was hier fast ein Jahrviertel hindurch an Tausenden vorbeigeflimmert ist. Dies Ganze ist - trotz starker und auch neuer Einfälle im einzelnen - dürftig und von mangelhafter Architektur der Handlung. Billig. Es zeigt an einem großen Beispiel beschämend deutlich, wie die Filmgewaltigen für jeden Aufwand zu gewinnen sind - ausgenommen den geistigen, und man versteht, wenn der Verfasser, Karl Figdor, auf die Feststellung wert legt, daß er bis auf den Schlußteil sein Kind nicht wiedererkannt habe. Dieser Teil übertrifft an geschlossenem dramatischen Aufbau - obwohl er einmal hart bis an die Grenze des Geschmacksmöglichen und der Blutschande führt - seine Vorgänger bedeutend. Darstellung (die Mia May, Mierendorf, der junge Hofmann und - merkwürdigerweise ungenannt - Lettinger trugen) und Szenen sind wieder sorgfältig und kultiviert. Maud Gregaards hat nun ihre Rache: ihr schurkischer Geliebter von einst stirbt in Einsamkeit und Kälte. Wenn sich die deutsche Filmindustrie aber wieder zu einem solchen Riesenwerk aufrafft, mag sie es sich etwas mehr kosten lassen - als nur Geld.

My (Dr. Wilhelm Meyer): Filmschau. Vossische Zeitung (Berlin) 02.02.1920 (Morgen-Ausgabe).





Alexander Beßmertny: Film
(Auszug)


[...] Noch einmal ein Beispiel verkleisterten Kitsches: Die gigantische phänomenale Riesenfilmrekordserie "Mia May, die Herrin in der Welt der Langenweile", - Ich sah den 6. Teil: "Ophir oder wie der Turnvater Jahn sich die Königin von Saba vorstellt." Astarte-Priester schwenken preußisch in rechtsabmarschierter Sektionskolonne, während eine Dame in den besten Jahren ihren Tempelschatz bestiehlt. Menschenherden in schlechten Architekturen schlecht bewegt. Einiges Episodische ist trotzdem bemerkenswert, so die Neger, die ebenso wie Tiere im Film immer gut sind, und ein amerikanischer Reporter. [...]

Alexander Beßmertny: Der Film. Die Neue Schaubühne 2. Jg., 2. Heft, Februar 1920, S. 56.






The Mistress of the World and the Chinese


Ausfuhrverbot der "Herrin der Welt"

Ein bemerkenswertes Verbot hat der Reichskommissar für Ein- und Ausfuhr getroffen. Er untersagte, wie die Berliner Kinozeitschrift "Lichtbildbühne" berichtet, die Ausfuhr verschiedener Teile des Filmwerks "Die Herrin der Welt" nach dem Ausland - angeblich auf Beschwerde von zwei chinesischen Studenten hin, mit der Begründung, daß in einigen Szenen eine Herabsetzung des chinesischen Volks (!) gefunden werden könnte. Die Interessenten weisen dagegen mit Recht darauf hin, daß eine der sympathischsten Figuren des ganzen Stückes ein junger chinesischer Gelehrter ist. - Die Filmindustrie bereitet gegen dieses Verbot, dessen Rechtsgültigkeit sie bestreitet, aus prinzipiellen Gründen eine Beschwerde vor.

Ausfuhrverbot der "Herrin der Welt". Meldung im Berliner Börsen-Courier No. 80, 17.02.1920 (Abend-Ausgabe).





"Die Herrin der Welt" und die Chinesen

Ein bemerkenswertes Verbot hat die dafür zuständige Stelle, der Reichskommissar für Ein- und Ausfuhr, getroffen. Sie untersagte, wie die "Lichtbild-Bühne" berichtet, die Ausfuhr verschiedener Teile des großen achtteiligen Filmwerkes "Die Herrin der Welt" nach dem Ausland, und zwar angeblich auf Beschwerde von zwei chinesischen Studenten bei der subalternen Stelle, mit der Begründung, daß in einigen Szenen die Herabsetzung des chinesischen Volkes gefunden werden könnte. Die Interessenten weisen dagegen darauf hin, daß eine der sympathischsten Figuren des ganzen Stückes ein junger chinesischer Gelehrter ist. Die Rolle wurde auch von einem Chinesen gespielt. Die Filmindustrie bereitet gegen dieses Verbot, dessen Rechtsgültigkeit sie bestreitet, aus prinzipiellen Gründen eine Beschwerde vor.

"Die Herrin der Welt" und die Chinesen. Meldung im Berliner Tageblatt 18.02.1920 (Morgen-Ausgabe).



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